Die Automobilbranche durchläuft derzeit einen tiefgreifenden Wandel. An der Spitze dieser Transformation steht die Elektromobilität, die sich von einer technologischen Nische zum neuen Standard der Mobilität entwickelt. Was noch vor wenigen Jahren als Zukunftsvision galt, ist heute Realität: Elektrofahrzeuge (EVs) haben die Straßen vieler Länder erobert, die Industrie investiert Milliarden in neue Antriebstechnologien, und politische Rahmenbedingungen fördern die emissionsfreie Mobilität mehr denn je.
Globale Dynamik: Die Welt rüstet elektrisch auf
Die Wachstumszahlen sprechen eine deutliche Sprache. Im Jahr 2024 wurden weltweit mehr als 14 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft – ein neuer Rekord. China bleibt der mit Abstand größte Markt, gefolgt von Europa und den USA. Besonders bemerkenswert: In Norwegen machen vollelektrische Fahrzeuge inzwischen über 80 % der Neuzulassungen aus – ein Modell, das viele andere Länder nun als Blaupause betrachten.
Getrieben wird dieses Wachstum vor allem durch staatliche Förderungen, CO₂-Gesetzgebungen und die strategische Neuausrichtung der Automobilhersteller. Gleichzeitig ist das Bewusstsein der Verbraucher für nachhaltige Mobilität gewachsen. Reichweitenängste und Ladeinfrastrukturprobleme verlieren zunehmend an Bedeutung – nicht zuletzt dank massiver Investitionen in Ladepunkte und Batterietechnologien.
Die Rolle der Automobilhersteller: Transformation statt Evolution
Fast alle großen OEMs (Original Equipment Manufacturers) haben sich inzwischen klare Ziele zur Elektrifizierung gesetzt. Volkswagen etwa plant, bis 2030 über 70 % seiner Fahrzeuge in Europa elektrisch anzubieten. Mercedes-Benz möchte ab 2030 „bereit für vollelektrisch“ sein – wo es die Marktbedingungen zulassen. Tesla, als Pionier der Branche, hat mit Modellen wie dem Model 3 und dem Model Y neue Maßstäbe gesetzt und den globalen Wettbewerb beschleunigt.
Dabei verändert sich nicht nur die Antriebstechnik, sondern die gesamte Wertschöpfungskette. Von der Batteriezellenproduktion über Softwareentwicklung bis hin zum Aftersales-Service – die E-Mobilität bringt neue Anforderungen, Partner und Märkte mit sich. Wer hier mithalten will, muss schnell und innovativ agieren.
Herausforderungen: Infrastruktur, Rohstoffe und Energie
So vielversprechend die Entwicklung auch ist – sie ist nicht frei von Herausforderungen. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur hinkt in vielen Regionen der Nachfrage hinterher. Gerade im ländlichen Raum fehlt es oft an Schnellladestationen, was die Alltagstauglichkeit von E-Autos einschränken kann. Zwar arbeiten Energieversorger, Stadtwerke und Anbieter wie IONITY oder EnBW intensiv am Ausbau, doch der Rückstand bleibt spürbar.
Ein weiteres Thema ist die Rohstoffversorgung – insbesondere für Lithium, Kobalt und Nickel, die für die Batterieproduktion essenziell sind. Hier steht die Branche vor ökologischen und geopolitischen Herausforderungen. Recyclingverfahren und Second-Life-Konzepte gewinnen daher an Bedeutung, ebenso wie die Entwicklung alternativer Batterietechnologien wie Festkörperbatterien.
Auch die Frage der Energieherkunft ist entscheidend: Elektromobilität entfaltet ihr ökologisches Potenzial nur dann vollständig, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. Der parallele Ausbau von Wind- und Solarenergie ist deshalb untrennbar mit dem Erfolg der E-Mobilität verbunden.
Chancen für Zulieferer und Mittelstand
Für viele Zulieferer bedeutet der Wandel zur Elektromobilität eine fundamentale Neuausrichtung. Komponenten für Verbrennungsmotoren wie Einspritzsysteme, Abgasstränge oder Getriebeteile verlieren an Bedeutung. Dafür entstehen neue Geschäftsfelder in den Bereichen Leistungselektronik, Batteriemanagement, Kühlung, Software und Leichtbau.
Unternehmen, die frühzeitig in diese Felder investieren, können sich langfristig als innovative Partner positionieren. Auch der Mittelstand profitiert, etwa im Bereich der Ladeinfrastruktur, bei Fertigungslösungen für Batteriemodule oder als Entwicklungspartner für Elektromotoren.
Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Digitalisierung: Fahrzeuge werden zunehmend zu mobilen Computern. Over-the-Air-Updates, intelligente Ladesysteme, Fahrzeug-zu-Netz-Kommunikation (V2G) und datenbasierte Dienste sind keine Zukunftsvision mehr, sondern Realität. Wer hier passende Produkte und Services bietet, sichert sich neue Märkte – auch über die Automobilindustrie hinaus.
Politische Weichenstellungen: Der regulatorische Rückenwind
Auf europäischer Ebene ist die Entscheidung gefallen: Ab 2035 dürfen keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden – mit Ausnahmen für synthetische Kraftstoffe. Diese klare Zielvorgabe beschleunigt die Elektrifizierung des Fahrzeugbestands erheblich.
Zahlreiche Länder bieten darüber hinaus Kaufprämien, Steuervergünstigungen oder Sonderrechte für E-Fahrzeuge an. Gleichzeitig werden CO₂-Flottenziele für Hersteller kontinuierlich verschärft, was den Druck erhöht, emissionsfreie Modelle auf den Markt zu bringen. Auch auf kommunaler Ebene gibt es Bewegung – etwa durch Zufahrtsbeschränkungen für Verbrenner in Innenstädten oder die Förderung von Ladepunkten in Wohnquartieren.
Batterietechnologie als Schlüssel zum Durchbruch
Die Batterie ist das Herzstück jedes Elektrofahrzeugs – und der zentrale Kostentreiber. Fortschritte in der Zellchemie, der Energiedichte und den Produktionsprozessen sorgen jedoch dafür, dass Preise kontinuierlich sinken. Während 2010 noch über 1.000 US-Dollar pro Kilowattstunde Batterie bezahlt werden mussten, liegt der Preis heute bei unter 150 Dollar – Tendenz weiter fallend.
Innovationen wie Festkörperbatterien versprechen zusätzlich höhere Reichweiten, kürzere Ladezeiten und mehr Sicherheit. Zahlreiche Start-ups und Konzerne – darunter Toyota, CATL oder QuantumScape – arbeiten fieberhaft an der Industrialisierung solcher Technologien.
Ausblick: Der Umbruch hat gerade erst begonnen
Die Elektromobilität ist keine kurzfristige Modeerscheinung, sondern der Beginn eines neuen Mobilitätszeitalters. In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich der Markt weiter konsolidieren, neue Akteure werden entstehen, andere verschwinden. Die Gewinner dieses Wandels werden diejenigen sein, die Technologiekompetenz, Agilität und Kundenzentrierung vereinen.
Dabei geht es längst nicht mehr nur um das Auto selbst, sondern um ein vernetztes, klimafreundliches Gesamtsystem aus Energie, Mobilität und digitaler Infrastruktur. Ob als OEM, Zulieferer, Infrastrukturpartner oder Softwareanbieter – die Chancen sind groß. Doch sie erfordern Mut zur Veränderung, Investitionen in Zukunftsfelder und eine klare strategische Vision.
ATG und andere Unternehmen, die sich frühzeitig auf diesen Wandel eingestellt haben, sind in der Pole Position für eine emissionsfreie und digitalisierte Mobilität von morgen.